Das Märchen von Fräulein Wild

Es war einmal im fernen Lande Berlin, als eine junge, passionierte Tortenbäckerin ihren Traum vom kleinen, urigen Café zu erfüllen suchte. So zog sie aus ins wilde Kreuzberg begleitet von unzähligen Menschen, die ihre Reise, ihr Suchen und ihr Werken gebannt verfolgten. Schließlich wurde sie fündig am Ende der Dresdener Straße in direkter Nachbarschaft zum kleinen Programmkino Babylon. Durch mächtige Wohnmauern behütet vom lärmenden Treiben und Eilen am Kottbusser Tor und nur wenige Schritte von der beliebt belebten Oranienstraße entfernt, dort knetete und rührte, strich und verzierte, schichtete und buk das unermüdliche Fräulein Wild tagein tagaus – mit Ausnahme der Ruhetage – fleißig an ihren sündigen Torten und Kuchen. Ob französische Schokoladentorte oder Apfelkuchen, ob Erdbeerkuchen oder Käsekuchen, ob mit Himbeeren, Brombeeren oder Johannisbeeren garniert, hier verfiel noch ein jeder Gast dem Zauber der feilgebotenen Leckereien und Sünden. Und wenn sie nicht gestorben ist, dann lebt und backt sie auch noch heute.

Zu unser aller Glück ist diese Geschichte aber doch kein Märchen der Gebrüder Grimm, sondern eine ganz reale Geschichte rund um Anna-Maria Wild und ihr kleines Café Fräulein Wild. Wir müssen uns auch keine Sorgen machen, dass sie heute vielleicht nicht mehr backen würde; ganz im Gegenteil, denn mit einer beeindruckenden Unermüdlichkeit serviert Fräulein Wild in ihrem urigen Café mit seinem herrlichen Stilmix aus Omas rustikalem Wohnzimmer und aufgepepptem Berliner Flohmarktcharme immerzu frische Kreationen, mal ausgefallen, mal klassisch. Und auch hier setzt sich Omas Wohnzimmeratmosphäre fort, denn auf jede einzelne Leckerei wäre Oma stolz, würde sie sie in ihrem Wohnzimmer servieren können. Allen voran die schon fast berühmt berüchtigte französische Schokoladentorte, die aus so vielen verschiedenen Formen von Schokolade besteht, dass man spätestens nach Aufzählung der dritten einfach den Faden verliert und schlicht ein Stück von ihr genießen will – oder auch zwei.

Wenn dann die einzelnen, unterschiedlichen Schokoladenschichten auf der Zunge cremig zergehen, die feinen Nuancen sich wunderbar durchmischen, dann möchte man sich nur noch zurücklehnen und den Kaffee genießen und das Hüftgold bei der Arbeit bestaunen – alles mit der Gewissheit, dass es das wert war. Aber auch der vegane Schokoladenkuchen, es sei hier noch einmal explizit angemerkt, dass es sich um einen Kuchen handelt und nicht um eine Torte, ein wesentlicher Unterschied, der Fräulein Wild sehr am Herzen liegt, muss sich keineswegs hinter seiner großen französischen Schwester verstecken, denn einen so schokoladigen und fluffigen veganen Kuchen habe zumindest ich noch nie probieren dürfen; innen herrlich saftig und mit einem großartig vollen Schokoladenaroma, dass man kaum glauben mag, dass dieser Kuchen tatsächlich frei von Sahne, Eiern und Butter sein soll, doch genau das ist er. Fast täglich gibt es eine solche vegane und teilweise auch glutenfreie Kreation neben dem reichhaltigen normalen Angebot, damit sich hier auch wirklich jeder wohl fühlen kann, wenn er bei einer Tasse Kaffee oder Tee in Fräulein Wilds Wohnzimmer die Seele baumeln lässt.

Fräulein Wild
Dresdener Straße 13
10999 Berlin
Öffnungszeiten: Mittwoch bis Sonntag ab 10 Uhr

Text & Bilder: www.dennistwardy.com

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