Bye, bye High Heels!

Es kommt der Zeitpunkt im Leben einer Frau, wo sie für sich Entscheidungen treffen muss, um dem Gefühl, „mit sich im Reinen zu sein“, wieder einen Schritt näher zu kommen. Bei mir ist es der Entschluss, meinen High Heels mehr oder weniger Lebewohl zu sagen.

Nicht, dass es mir leichtfällt. Im Gegenteil. Es stimmt mich traurig. Ich spüre dieses leichte Stechen im Herz, einen dicken Kloß im Hals und habe tatsächlich feuchte Augen. Aber auch gleichzeitig ein Gefühl von Freiheit. Als hätte ich mich selbst von einer großen Last befreit. Es ist wie in einer toxischen Beziehung: Du weißt eigentlich, dass sie nicht funktioniert, hältst aber trotzdem lange, viel zu lange daran fest, obwohl sie Dir nicht gut tut. Du lässt nichts unversucht in der Hoffnung, dass es eines Tages besser wird, und die Beziehung in die richtige Bahn gelenkt wird. Aber es bleibt ein Trugschluss. Du weißt es, aber ignorierst das Offensichtliche. Um dann eines Tages endlich nicht nur Klarheit zu sehen, sondern auch im Herzen klar zu spüren, dass es nun Zeit ist, loszulassen.

So ist das auch mit meinen High Heels und mir. Unsere Beziehung war von Anfang an von Höhen und Tiefen geprägt. Wobei das letzte Jahrzehnt eher Tiefen als Höhen hatte. Denn seit bei mir vor ein paar Jahren ein Lymphödem am Fuß diagnostiziert wurde, darf ich keine hohen und/oder enganliegenden Schuhe mehr tragen. Eine niederschmetternde Diagnose für jemand, dessen Herz für spitze Schuhe, Sandalen mit Riemchen, Slipper und natürlich High Heels schlägt. Frustration war vorprogrammiert. Denn auch in meinem Kopf war das Bild fest verankert, dass High Heels gleichbedeutend mit sexy, feminin und attraktiv sind.

Man braucht sich nur die Wiederholungen von Sex and the City anschauen oder die alltägliche Werbung in TV, Online oder in den Magazinen. Und wir wissen ja, dass viele Männer Frauen darin gern sehen – wegen des hüftschwingenden Gangs und was sonst noch für ein Kopfkino läuft, wenn sie Frauen mit High Heels sehen. Oftmals wird es auch als etwas Selbstverständliches betrachtet, dass wir Frauen sie tragen – auch für die Männer.

Ich wollte das natürlich auch. Wollte nicht anders sein. Habe mich vor der Diagnose oft High Heels getragen, manchmal Schmerzen und Blasen ertragen, nur um dem Bild von Sexyness zu entsprechen oder eben, weil sie zu der Abendgarderobe dazugehören wie eine Clutch. Und weil High Heels das Bein herrlich strecken und einfach schön aussehen. Ich habe das nie wirklich hinterfragt. Bis letztes Jahr die #Flatgate Diskussion in Cannes aufkam. Angeblich wurden Frauen der Zugang verwehrt, weil sie flache Schuhe trugen. Ob es nun stimmt oder nicht, aber das gab mir zu denken. Wieso gibt es ein stillschweigendes Abkommen darüber, dass zur weiblichen Abendgarderobe High Heels gehören? Warum herrscht überhaupt diese Erwartung, dass wir sie tragen sollten. Woher kommt der Glaube, dass Frauen sexier werden, wenn sie sich auf hohen Schuhen fortbewegen kann. Egal wie schmerzhaft es auch sein mag, sie zu tragen, man damit eingeschränkt ist, und das übermäßige Tragen schon bei mancher Frau zu langfristigen gesundheitlichen Schäden geführt hat.

Nicht falsch verstehen, ich rufe nicht dazu auf, High Heels zu verbannen, dafür sind sie zu schön und sie zu tragen, kann ein tolles Gefühl sein. Aber ich plädiere dafür, sich frei davon zu machen, sich dem Diktat zu unterwerfen, dass z.B. ein Abendoutfit erst mit High Heels vollkommen ist. Sie getragen werden sollen, weil Männer es so möchten und es erwarten. Oder, weil Frau sie anzieht, um von ihrer Umwelt als begehrenswert wahrgenommen zu werden. Wobei keine noch so schönen High Heels etwas taugen, wenn das Styling nicht stimmt. Ich habe auch schon zu viele Frauen gesehen, die darin nicht laufen können und damit das Outfit ruiniert haben. Mit flachen Schuhen hätten sie in der Situation mehr gepunktet.

Tragt sie, wenn IHR es wirklich wollt und nicht, weil es erwartet wird. Wenn Ihr beim ersten Date mit Ballerinas erscheint, dann ist das absolut ok. Wenn Ihr Euch darin wohlfühlt, dann beeinträchtigen die fehlenden Zentimeter Eure Ausstrahlung und Anziehungskraft in keiner Weise.
Was mich betrifft, ich mag nicht mehr um die High Heels kämpfen und mache mich frei von dem Stress immer wieder High Heels finden zu wollen, die ich tragen kann. Frei davon, mich mit etwas zu beschäftigen, was ich eh nicht ändern kann. Stattdessen lenke ich ab sofort meinen Blick auf all die schönen flachen Schuhe, die da draußen nur auf mich warten, um von mir entdeckt und getragen zu werden.

Flach ist sexy. Man muss sich nur Dita von Teese in Ballerinas anschauen. Es kommt am Ende eben auf den Schuh, das Styling und die Attitüde an.

Und ich weiß, es gibt eine Menge Frauen da draußen, die vielleicht kein Lymphödem haben, die aber auch lieber mit Bodenhaftung gehen möchten. Für Euch und für mich wird es ab sofort in regelmäßigen Abständen den Delicious Flags Day hier auf Beautydelicious geben mit einer schönen Sammlung an Flats. Seid gespannt.

Matel: Marina Rinaldi/ Marinière: Petit Bateau/ Rock: Charming Styles/ Stiefelletten: Ladage & Oelke