Der Bikini Body Guide in Theorie und Praxis

Bikini Body Guide Kayla Itsines

Es ist schon eine ziemliche Weile her, seit ich mit dem Bikini Body Guide von Kayla Itsines angefangen habe. Es lief auch gut. Aber ich bin immer wieder krank geworden und musste das Training unterbrechen. There goes my Bikinifigur. Wobei ich schon sagen muss, dass man bei regelmäßigem Training, selbst mit weniger Umfang tatsächlich sehr gute Ergebnisse erzielt. Die Übungen machen mir immer noch Spaß, besonders die, die auf das eigene Körpergewicht setzen. Einer, der sich damit auskennt, hat mir zum Bikini Body Guide ein paar Fragen beantwortet.

DIE deutsche Instanz in Sachen Sportwissenschaft, Prof. Dr. Ingo Froböse von der Sporthochschule Köln hat kürzlich ein Buch zum selben Thema auf den Markt gebracht (Muskelworkout, G|U) und erklärt mir, wie man am besten den Einstieg in ein neues Trainings-Leben meistere.

BD: Wie bewerten Sie Trainingsprogramme, die auf einen kurzen Zeitraum ausgelegt sind?

I.F.: Prinzipiell sind Programme, die auf einen relativ kurzen Zeitraum ausgelegt sind ein guter Einstieg für Sportanfänger. Sie bekommen eine Orientierung anhand des Trainingsplans und entwickeln ein Gefühl, was der Körper leisten kann. Außerdem gibt es für die Teilnehmer dieser Programme kurzfristige Ziele, mithilfe derer sie sich besser motivieren können, denn so bekommen sie schnelle und wiederkehrende Erfolgserlebnisse. Nach Ende des Programms sollte der Teilnehmer so viel Input bekommen haben, dass er selbstständig mit dem Sport weitermacht. Es sollte also nicht als abgeschlossenes System gesehen werden, sondern als Einstiegsmöglichkeit, um langfristig sportlich aktiv zu sein.

BD: Mir erscheint es für Trainingsanfänger oder Wiedereinsteiger kaum machbar, den Körper gleich so zu belasten. Wo ziehe ich eine Grenze zwischen normaler Belastung und Überforderung? Wie oft sollte man zu Beginn trainieren? Die Vorher-Nachher-Bilder inspirieren die Testerinnen, aber lassen sie möglicherweise unvernünftig werden.

I.F.: Auf keinen Fall sollte man sich von utopischen Vorstellungen leiten lassen. Ziele müssen immer individuell sein und sollten zuerst einmal klein angesetzt werden. Das Training sollte daher behutsam gesteigert werden, damit auch die Strukturen des Körpers Zeit bekommen, um sich an die ungewohnten Belastungen zu gewöhnen. Bei den Grenzen gilt es auf seinen eigenen Körper zu hören, eine allgemeingültige Regel gibt es nicht. Leider ist es manchmal schwierig, die Grenze zwischen Muskelkater und tatsächlichen Muskelschmerzen auszumachen. Um Überbelastungen vorzubeugen, kann man die Belastungen an verschiedenen Tagen auf unterschiedliche Bereiche des Körpers verteilen. An einem Tag Armtraining, dann sind die Beine gefordert und am nächsten Tag ein Ausdauertraining, so werden die Strukturen nicht einseitig überbelastet. Anfänger sollten in sich in Ihrem Trainingsprogramm zurücknehmen und erst nach mehr als sechs Monaten etwa mit High-Intensity Training (HIT) beginnen. Zudem sollte die Herzfrequenz beobachtet werden und als Leitkriterium herangezogen werden zur Trainingssteuerung.

BD: Ich habe anfänglich unter starken Grippe-ähnlichen Symptomen gelitten. Kann das von der Überforderung kommen?

I.F.: Das ist möglich. Wenn der Körper durch eine Belastung überfordert ist, wird das Immunsystem des Körpers angegriffen. Das ist auch eine Art Warnsignal des Körpers, dass Dauer und Intensität des Trainings reguliert werden müssen. Wenn grippeähnliche Symptome auftreten, sollte die Belastung in jedem Fall reduziert werden. Mein Tipp: Messen Sie den Ruhepuls morgens vor dem Aufstehen. Wenn der Ruhepuls 4 bis 6 Schläge höher ist, dann kann das ein Hinweis auf eine Krankheit oder Überlastung sein.

BD: Wie wichtig ist Regeneration? Gerade als Anfänger brauche ich sicher etwas länger, um mich zu erholen.

I.F.: Regeneration und Erholung ist in der Trainingssteuerung mindestens genauso wichtig wie das Training an sich. Denn wer seinem Körper keine Pause gönnt, gibt den Strukturen des Organismus keine Zeit sich an die ungewohnte Belastung zu gewöhnen. Durch zu hohe Belastungen steigt auch die Gefahr von Verletzungen.
Um das zu vermeiden, sollten die Trainingseinheiten abwechslungsreich sein. Heißt, an einem Tag sollte die Ausdauer im Vordergrund stehen und am darauf folgenden ein Krafttraining. Zusätzlich sollte darauf geachtet werden, dass nicht immer die gleichen Strukturen belastet werden. Es kann somit auch an zwei aufeinanderfolgenden Tagen ein Krafttraining absolviert werden, wenn am einen Tag etwa die unteren Extremitäten trainiert werden und am nächsten der Rumpf belastet wird durch die Übungen. Bei Muskeltraining sollten mindestens 48 Stunden zwischen den Übungseinheiten liegen.

BD: Haben Sie noch einen guten Tipp für Anfänger, die schnell Fortschritte machen und Ergebnisse sehen wollen?

I.F.: Wichtig ist vor allen Dingen dabei zu bleiben. Die Ergebnisse werden sich automatisch einstellen, wenn das Training regelmäßig absolviert wird. Besonders zu Beginn sind Fortschritte in der Regel schnell zu verzeichnen. Nach anfänglicher Euphorie und unbändigem Tatendrang folgt jedoch oftmals nach vier bis fünf Wochen ein Motivationsloch, das überwunden werden muss. Hier heißt es, dran zu bleiben.
Und auch wenn die Waage nicht direkt die Erfolge in Zahlen ausdrückt, heißt das nicht, dass das Training keinen Veränderungen bewirkt hat. Denn bekanntermaßen sind Muskeln schwerer als Fettgewebe. Hier geht es auch darum ein Körperbewusstsein zu entwickeln und die Veränderungen des Körpers nicht an nackten Zahlen festzumachen.

BD: Danke für das interessante Gespräch!

Ich hatte ja auch versprochen, den 60-seitigen Ernährungsguide näher vorzustellen. Kayla Itsines arbeitet mit Tobi Pearce zusammen, dem Eigentümer von Fresh Fitness Solutions. Sie promoten keine ausgefallene Diät oder Verzicht auf bestimmte Nahrungsmittelgruppen, sondern beziehen sich auf Fachpublikationen und den Australian Guidelines for Healthy Eating. Die Portionsgrößen berechnen sich nach dem Energiebedarf einer 16-25-jährigen Frau, müssen also ggf. bei höherem oder niedrigerem Umsatz (schwere Arbeit/höheres Alter etc.) etwas angepasst werden, was jedoch nicht schwerfällt, da zu den 3 größeren Mahlzeiten noch Snack-Angebote dazukommen. Es ist mit dem Plan wirklich gar kein Problem, satt zu werden und alle wichtigen Nährstoffe aufzunehmen. Alle Nahrungsmittelgruppen sind vorhanden: Getreide, Gemüse, Obst, Eiweiß, mageres Fleisch, Fisch, Geflügel und Eier. Vegetarier und Veganer werden jetzt zweifeln, ob das etwas für sie ist. Aber es ist durchaus möglich, die eigene Ernährung anzupassen. Einige Tipps, wie man bestimmte Lebensmittel ersetzen kann, stehen im Guide. Was man nicht ersetzen sollte, sind komplette Gruppen. Gerade Eiweiß, auch pflanzliches, ist essenziell, wenn man Muskelaufbau trainiert. Außerdem hält es lange satt.

Eine weitere Tabelle gibt Aufschluss darüber, wie viel man pro Tag aus jeder Nahrungsmittelgruppe essen sollte. Teilweise erscheint mir das sehr viel, aber da man seinem Körper auch mehr zumutet und viel Energie benötigt, kommt das doch hin. Ich habe das selbst gemerkt, dass ich mehr und bessere Dinge essen wollte. Ganz wichtig ist die ausreichende Trinkmenge. Um Kopfschmerzen zu vermeiden, den Kreislauf stabil zu halten oder Müdigkeit zu vermeiden. Dazu empfiehlt Kayla den Klassiker Wasser und dazu auch mal Kräutertee, selbst gemachten Eistee und tatsächlich Kaffee, jedoch nur schwarz.

Besonders schön finde ich die Tabelle zu Gemüse mit weniger Kalorien, wobei ich finde, dass Gemüse immer gut ist. Auch ich sollte viel mehr davon essen und bleibe immer beim Gleichen hängen. Dazu kommen Tipps, wie man das Gemüse verarbeiten kann: Mit Marinaden verfeinern, im Omelette oder mit Kräutern abschmecken. Auch für Fleisch- und Geflügelgerichte gibt es Ideen zur Zubereitung. Dazu braucht es oft nicht mehr als Zwiebel, Zitrone, Knoblauch, passierte Tomaten und eine Handvoll Kräuter.

Eine wichtige Frage, die scheinbar auch auf ihrem Blog immer wieder auftritt, ist die nach einem Cheat Meal. Sollte man einen Tag hemmungslos schlemmen dürfen, wenn man sonst vorbildlich ist? Kann man durch ein solches Cheat Meal Heißhunger-Attacken vermeiden? Tja, das ist wohl eine sehr persönliche Angelegenheit. Wem die Ernährungsumstellung schwerfällt, für den ist es vielleicht einfacher, wenn er weiß, dass ein Tag zum Frönen da ist. Andererseits muss man sich auch da gut kontrollieren können. Jeder kennt das bestimmt: Dieser Gedanke, dass man es heute eh versaut hat und dann sowieso gleich aufhören und noch mehr frönen kann. Außerdem sollte Ernährung ja nicht mit Bestrafung einhergehen. Wer seine Ernährung umstellt, möchte dadurch etwas erreichen. Sich besser fühlen. Kayla´s Tipp dafür ist ein Zeitfenster von ca. 45 Minuten einmal die Woche, in dem man sich etwas gönnen kann. Bloß keinen ganzen Tag daraus machen.

Ein Thema, welches ebenfalls immer wieder nachgefragt wird, ist Alkohol. Darf ich trotzdem etwas trinken? Auf die Gefahr hin, wie ein Streber zu klingen, gebe ich zu, keinen Alkohol zu trinken. Das hat verschiedene Gründe und ich komme gut damit zurecht. Fakt ist, Alkohol enthält oft mehr Kalorien als manche Lebensmittel und man braucht länger, um das wieder abzutrainieren. Darüber würde ich mich schon ärgern. Ich kenne auch die Forschungen, die sagen, ein Glas Rotwein am Abend wäre gesund. Hin oder her, jeder muss seinen Konsum selbst einschätzen und wer das kann und bewusst damit umgeht, dem sei das Glas gegönnt. Ansonsten ist Alkohol keine Ernährung, es bringt Dir und Deinem Körper nichts. Keine Kraft, keine Gesundheit, keine Fitness.

Um zu verdeutlichen, was ich alles machen müsste, um Süßkram, Chips und Wodka zu verbrennen, gibt es eine Tabelle im Guide. Für das besagte Glas Rotwein stehen hier gleich mal ca. 40 Minuten Walken zu Buche!

Im hinteren Teil des Guides erklärt Kayla noch die Unterschiede zwischen Mikro- und Makronährstoffen, beantwortet die meist gestellten Fragen und erklärt, wie es zu Heißhunger, Muskelkrämpfen oder einem Energietief kommen kann.

Abschließend gibt es leckere Rezepte wie Quinoa Salat, marokkanischer Hühnchensalat oder Lachs mit Sommer Salsa.

Ich hatte ja angekündigt, dass es einen Probetag geben soll und hier ist er:

Frühstück:   2 Scheiben Roggenbrot, ein pochiertes Ei und einen Salat aus Spinat, Tomaten und Champignons

Snack:          kleiner gemischter Obstsalat und 200g fettarmer Joghurt

Mittag:         Vollkornwrap mit Truthahn und Salat, Tomaten, Gurken und Karotten

Snack:         10g Mandeln und ein Macchiato

Abend:         Gegrilltes Hähnchen mit Quinoa, Salat, fettarmen Feta und etwas Olivenöl

Ich finde es ganz lecker und machbar. Immerhin habe ich noch drei weitere Konsumenten daheim, da darf es nicht zu verrückt werden.

Abschließend möchte ich zu dem Ernährungsguide Folgendes sagen: Das Rad wurde nicht neu erfunden, es gibt keine bahnbrechenden Erkenntnisse. Insofern kann sich jeder, der mit gesunder, ausgewogener Ernährung vertraut ist, meines Erachtens auch ohne ihn an das Sportprogramm wagen. Was er jedoch kann, ist das eigene Essens-Weltbild wachrütteln. Neue Impulse geben und altes Überdenken. Ich bin ein inkonsequenter Esser, fange mit großer Motivation an, aber bleibe nicht lange dabei. Auch nutze ich nicht die ganze Bandbreite der Lebensmittel. Außerdem sind meine Portionen mal wahnsinnig groß, mal unvernünftig klein. Wohl auch deshalb klappt es mit dem Sport nicht so richtig. Ich bin einfach nicht gut genug ernährt, meinem Körper fehlen Nährstoffe, um die Energie für Sport aufzubringen.

Auch wenn ich bei Weitem nicht die Erfolge erzielt habe, die ich mir vorgenommen hatte und längst nicht die Figur aufweisen kann, wie viele andere sie erreicht haben, war der Guide doch ein guter Auftakt. Ich weiß, was ich mir zumuten kann, dass ich Geduld brauche und mehr auf meinem Körper hören muss. Die Übungen sind effektiv, machen Spaß und bringen Ergebnisse. Meine Intension war nicht nur die Bikini Figur. Durch die Stärkung der Bauchmuskulatur habe ich keine Rückenschmerzen mehr.

Kann ich also den Guide empfehlen: ja. Das Konzept des Zirkeltrainings mit Muskelaufbau und Cardio (z.B. Sprungseil) ist effizient, macht Spaß und bringt schnell Ergebnisse. Mittlerweile gibt es Foren und WhatsApp-Gruppen, bei den man sich austauschen und motivieren kann. Sport frei!

Bild: PR/Kayla Istriens