Interview: Eva Grossert, Gründerin von All for Eves

Eva Grossert gehört zu den Pionieren in Deutschland, wenn es um Naturkosmetik im E-Commerce geht. Mit ihrem Online-Shop Alle for Eves schafft sie spielend den Spagat zwischen Glamour und Bio-Kosmetik und überrascht immer wieder mit tollen Neuentdeckungen. Natürlich darf ein Interview mit ihr bei unsere Naturkosmetik Woche nicht fehlen.

Beautydelicious: Was hat Dich bewogen einen der ersten Onlineshops für Öko-Kosmetik in Deutschland zu gründen? Die Idee kam Dir ja bestimmt nicht über Nacht?

Eva Grossert: Du hast recht, es war keine spontane Idee, sondern ein längerer Prozess. Angefangen bei dem unterschwelligen Wunsch, den viele kennen, sich irgendwann einmal selbstständig zu machen. Nur fehlte die zündende Idee. Irgendwann kamen dann ein neuer Lebensabschnitt mit Familie & Co und der Abstand vom Business Jetset-Leben. Dem ich jedoch viele Reisen und die Begegnung mit vielen spannenden Produkten zu verdanken habe und feststellen konnte, dass man gerade in den Ländern wie England und USA weiter ist, was das Thema „Green Luxury“ betrifft. Es gibt wunderhübsche, toll gestaltete Produkte und kleine Marken im Bereich der Naturkosmetik dort … und das, obwohl der Trend ja in Deutschland geboren wurde und das die Heimat der großen Naturkosmetikmarken ist. Ein Naturkind und Landei war ich zudem schon immer und letztendlich ist die Idee geboren solchen Kosmetikmarken, die oftmals die liebevolle Handschrift ihrer Gründer trägt, auch in Deutschland eine Plattform zu geben. Und zwar eine ganz andere Plattform. Auch optisch wollte ich mich vollkommen davon befreien, was man typischerweise mit Naturkosmetik verbindet. Also weg vom grün, braun, weiß, Lotusblüte und Gingkoblatt …. Ich habe eigentlich einen ganz anderen beruflichen Hintergrund. Ich komme aus dem Bereich Marketing- und Brandmanagement im Sportmode- und Textilbereich (war Brandmanager bei Nike). Insofern war mir Optik, Ästhetik und Produktdesign schon immer sehr wichtig – aber genauso wichtig ist mir das Thema Umweltschutz und Nachhaltigkeit. Ein großes Faible habe ich zudem für E-Commerce. Das Segment wächst stetig und hat noch, glaube ich, einiges an Potenzial zu bieten. Darum online, darum Naturkosmetik, darum schicke Nischenmarken.

Beautydelicious: Wie hat deine Umwelt auf Dein Vorhaben reagiert? Das war ja schon Pionierarbeit. Am Anfang habe ich weder Zustimmung noch Ablehnung erfahren – zumindest nicht offensiv. Eher so die fragenden Gesichter. “Wie kommt sie denn auf diese Idee?“

Eva Grossert: Am Anfang habe ich weder Zustimmung noch Ablehnung erfahren – zumindest nicht offensiv. Eher so die fragenden Gesichter. “Wie kommt sie denn auf diese Idee?“ Es gab jedoch auch Unterstützer z.B. mein Partner, der mir auch technisch unter die Arme gegriffen hat. Meine Familie hat mir zumindest vertraut und letztendlich hat auch die Bank an die Idee geglaubt und mitgespielt. Später kam dann Zuspruch und oftmals auch kostenlose Beratung und Hilfestellung über Netzwerke oder sogar Unbekannter über Social Networks wie z.B. Xing – gerade dann, wenn man mal wieder vollkommen am Zweifeln war „kam von irgendwo ein Lichtlein her“.

Beautydelicious: Wie hat die Geschäftswelt darauf reagiert? Wurdest Du mit offenen Armen von den Marken empfangen?

Eva Grossert: Durchwegs positiv. Meine Anfrage wurde von den Marken stets freudig aufgenommen. Stolpersteine gab es an anderer Stelle. Grundsätzlich wird einem eine Geschäftsgründung hierzulande nicht unbedingt leicht gemacht.

Beautydelicious: Wie findest Du die Produkte, die Du im Shop verkaufst?

Eva Grossert: Die meisten habe ich auf Reisen entdeckt – vor allem in England und USA. Dort gibt es bereits wundervolle, stylische Naturkosmetik-Läden mit einer tollen Markenauswahl. Ansonsten recherchiere ich eine Menge online und die ausländische Presse gibt auch oft tolle Anregungen. Mittlerweile werde ich aber bereits von Marken angesprochen, die gerne im Shop gelistet werden möchten. Nach wie vor wähle ich aber nur Marken und Produkte, die mich persönlich überzeugen.

Beautydelicious: Wie kannst Du sicherstellen, dass sie auch wirklich den strengen ethischen und ökologischen Kriterien entsprechen?

Eva Grossert: Das kann ich leider nicht. Ich bin kein Chemiker und kann auch den Bauern nicht auf die Finger gucken. Ich muss mich da ebenso wie die Endverbraucher auf Zertifizierungskriterien verlassen und Vertrauen in die Aussagen der Hersteller setzen. Meistens sind es ja sehr kleine Labels, die ich führe, hinter denen weder Investoren noch große Konzerne stehen. Hinter den Marken stehen Einzelpersonen mit der Leidenschaft etwas zu verändern und einer gewissen Moral und Ethik. Würden diese ihrem Ruf nicht gerecht werden, wären sie sicherlich ganz schnell wieder vom Markt verschwunden. Bisher bin ich noch nicht enttäuscht worden.

Beautydelicious: Haben wir genügend ernst zu nehmende Zertifizierungen oder muss daran noch gearbeitet werden? Sind die jetzigen Zertifizierungen verbraucherfreundlich?

Eva Grossert: Natürlich haben Naturkosmetik-Zertifizierungen ihre Berechtigung. Auch ich wähle zum Teil meine Marken danach aus. Man muss jedoch auch wissen, dass diese Zertifizierungen auch ein Marketing-Tool sind, das sich kleine Marken oftmals nicht leisten können, obwohl sie den Kriterien in jedem Fall gerecht werden würden. Manche Marken verzichten auch bewusst darauf, da Ihre Produkte noch reiner und qualitativer sind als von den Labels gefordert. Diese Marken möchten sich nicht mit den zertifizierten, die den Kriterien gerade so entsprechen auf eine Stufe stellen. Grundsätzlich finde ich Zertifizierungen gut und wichtig, denn sie geben Verbrauchern Orientierungshilfe. Eine Marke verschafft sich somit auch Vertrauen und Authentizität. Ob es die Fülle an Label und unterschiedlichen Anforderungen braucht, ist eine ganz andere Frage. Mehr Einheitlichkeit und Transparenz wäre sicherlich förderlich.

Beautydelicious: Gefühlt haben wir seit Langem einen Glamour-Öko-Kosmetik-Hype. Ist das auch tatsächlich so? Kaufen die Leute wirklich so nachhaltig ein? Wird man reich mit so einem Online-Shop?

Eva Grossert: Ich glaube nicht, dass man hier von einem Hype sprechen kann. Der Markt ist nach wie vor eine Nische und der Großteil der Konsumenten längst nicht so sensibel was Kosmetikprodukte betrifft, wie sie es beispielsweise bei Lebensmittel sind (natürlich gibt es Ausnahmen!). Irgendwie wird die Tatsache immer noch ignoriert, dass das, was man sich auf die Haut schmiert, genauso absorbiert wird und in den Blutkreislauf gelangt, wie das was man zu sich nimmt. Viele wollen kleinere Mankos, Gerüche oder Nachteile nicht in Kauf nehmen und greifen dann doch wieder zum herkömmlichen Produkt, wenn es bessere Haltbarkeit, ein größeres Farbspektrum oder mehr Wirksamkeit verspricht. Insofern kämpft die Biokosmetikbranche nicht mit Trends um Akzeptanz und Sichtbarkeit, sondern nach wie vor um grundsätzliche Anerkennung. Reich bin ich daher leider noch nicht. Ich bin mittlerweile gerade so weit, dass das Konzept sich trägt. Leiste viel Aufklärungsarbeit und investiere stetig weiter um den Bekanntheitsgrad zu steigern, das Angebotsspektrum zu erweitern und um am Ball zu bleiben.

Beautydelicious: Was sagst Du zu der Entwicklung, dass Größen wie z.B. Zalando und Glossybox versuchen sich im Naturkosmetiksektor breitzumachen? Wird die Existenz von All for Eve dadurch gefährdet?

Eva Grossert: Ich sehe darin keine direkte Bedrohung. Im realen Leben existieren Fachgeschäft und Kaufhaus auch nebeneinander und jeder hat seine Berechtigung und entsprechende Zielgruppe. Klar müssen wir Kleinen hart kämpfen und haben dem Werbedruck von Zalando und Co. wenig entgegensetzen außer Fachkompetenz, Service, Persönlichkeit und Engagement. Ich vertrete das Prinzip „Schuster bleib bei deinen Leisten“. Viele Kunden wissen den persönlichen Support, liebevolle Verpackung und die Beratungskompetenz zu schätzen. Manche rufen nur an, um zu hören, wer sich hinter der Firma verbirgt und schnell ist man in einen netten Plausch verwickelt. Kritisch betrachte ich allerdings, wie diese Unternehmen mit dem Thema E-Commerce im Allgemeinen umgehen. Wir können uns ein hohes Retourenaufkommen und kostenlos zu versenden nicht leisten. Das macht die ohnehin schon geringe Marge im Kosmetikmarkt völlig zunichte. Zalando macht das durch die Masse und Einkaufsmacht wett. Ich befürchte jedoch, dass Kunden das irgendwann als selbstverständlich erwarten. Glossybox ist für mich ein anderes Konzept. Glossybox ist für Neugierige, Beauty-Junkies, die am Ball bleiben und Neues ausprobieren möchten. Für eine Marke ist es definitiv eine gute Marketingmaßnahme.

Beautydelicious: Wie nachhaltig gestaltest Du Deinen Shop in Bezug auf Strom, Verpackung, Versendung etc.?

Eva Grossert: Ich verschicke mit DHL Go Green, versuche Verpackung und Versandmaterialien so gering wie möglich zu halten. Verwende Recycling Kartonagen, Umweltpapier für den Druck, recyceltes Packpapier als Füllmaterial, hoste den Shop bei einem „grünen“ Hoster, und bin bei einem Ökostromanbieter. Zudem produzieren wir selbst Solarstrom. Eigentlich alles Sachen, die selbstverständlich sein sollten.

Beautydelicious: Neben All for Eve gibt es ja ein neues Baby in Deinem Leben: On Beauty. Die neue Naturkosmetikmesse hatte im Oktober 2012 Premiere. Wie kam es zu diesem Projekt? Wie war die Resonanz und wird sie weitergeführt?

Eva Grossert: Ich bin schon seit einigen Jahren mit der Hauptinitiatorin der on beauty beruflich verbandelt. Wir waren uns einig, dass eine geeignete Plattform für genau solche exklusiven Naturkosmetik-Marken, wie ich sie in meinem Sortiment habe, fehlt. 2011 haben wir dann ein Team aus Brancheninsidern formiert und losgelegt. Ohne große Messegesellschaft oder sonstige Förderung im Rücken war es für uns alle ein unglaublicher Kraftakt, die Premiere auf die Beine zu stellen. Von vielen Beteiligten, Aussteller, Besucher, Partner und Presse haben wir in den letzten Monaten nach der Veranstaltung sehr positives Feedback bekommen und planen nun die nächste Veranstaltung für den Herbst 2014. Sobald die neue Location und weitere Details feststehen, werden wir damit an die Presse gehen.

Beautydelicious: Nun musst Du uns zum Schluss aber noch Deine Beautylieblinge verraten!

Eva Grossert: Ich probiere natürlich viel Neues aus. Neben den wasserbasierten Nagelacken von Scotch Naturals (aktuell ist Roasted Mellow Beige mein Favorit) haben sich jedoch drei Klassiker etabliert, auf die ich nicht mehr verzichte: Reinigungsmilch Enrich von Pure und True – riecht unglaublich gut, macht tolle Haut wie gecremt. Perfect Legs von This Works – schöne, leicht gebräunte Beine zu jeder Jahreszeit und Gesichtsöl (Addiction) und die Maske „Le Soin Repulpant“ von Absolution. Übernacht einwirken lassen und 10 Jahre jünger aufwachen ;-).

Beautydelicious: Liebe Eva, vielen Dank für das Gespräch.

 Bild: Ina Zabel